Ein Fallbeispiel

Als Tobias 1994 in den Kindergarten kam, fingen seine "Tics" an: Er kniepte und blinzelte mit den Augen, grimassierte oder wackelte mit Kopf und Oberkörper. Der Kinderarzt verordnete Musiktherapie, die aber nach 1 ½ Jahren auf Anraten der Therapeutin abgebrochen wurde, denn die Therapie brachte keine Besserung. Die "Tics" kamen und gingen.

Die Grundschule schaffte er leistungsmäßig und er bekam eine Empfehlung für das Gymnasium. Schon damals beschrieb die Grundschullehrerin Tobias so: Er arbeitet unter seinem Niveau, lässt sich leicht ablenken, schaut oft verträumt aus dem Fenster, stört häufig im Unterricht und er muss lernen, sich zu konzentrieren. 

Die Erprobungsstufe auf dem Gymnasium schaffte er mit der Empfehlung für Klasse 7. Bis dahin gab es viele Einzelgespräche mit seiner Lehrerin, die sich die große Diskrepanz zwischen seinen mündlichen Beiträgen und den schriftlichen Arbeiten nicht erklären konnte: Tobias war nicht mehr in der Lage fehlerfrei aus einem Buch abzuschreiben.
Monatelanges Üben und teuer bezahlte Nachhilfe brachten nur Frust und dies führte zu einer absoluten Schulunlust. Er störte immer häufiger den Unterricht, konnte sich keine Schulstunde durchgehend konzentrieren und schrieb Diktate nur nach mehreren Aufforderungen zu Ende.

Anfangs spielte er begeistert Tischtennis und hatte trotz seines guten Ballgefühls und seiner Schnelligkeit auf Turnieren nie Erfolg: Nach der Aufwärmrunde traf er selten die Tischplatte und "vermasselte" somit die entscheidenden Punkte für seinen Verein. Beim Fußballspielen ging es ihm genauso: Er stand unmittelbar vor dem Tor und schoss jedes Mal daneben.

Diese Misserfolge führten dazu, dass er alle sportlichen Aktivitäten aufgab und sich immer mehr in sich zurückzog. Die verordnete Psychoanalyse sollte ihm sein Selbstbewusstsein zurückgeben und ihm die Schulunlust nehmen, doch auch hier stellte sich nach 1 ½ Jahren keine Besserung ein. Im Herbst 2004 musste er mehrere Tests beim Psychiater machen, denn die Verordnung des Medikaments Ritalin stand im Raum. Man bescheinigte ihm einen hohen IQ - allerdings mit einer hohen Diskrepanz zwischen den schriftlichen Arbeiten und den mündlichen Beiträgen.

In einem Fortbildungsseminar zum Thema "Winkelfehlsichtigkeit" (WF) wurden die Probleme und die Schwierigkeiten aufgezeigt, die Betroffene haben können. Mir war sofort klar, wieso die jahrelangen Therapien ohne Erfolg bleiben mussten und ich vermutete auch bei meinem Sohn eine WF: Im Dezember 04 stellte eine speziell ausgebildete Augenoptikermeisterin mit der MKH-Messmethodik bei ihm eine hohe WF von 11,75 Prismendioptrien fest.
Das bedeutet: Wenn er ein 1 m entferntes Objekt anschaut, dann blickt sein rechtes Führungsauge genau auf den Gegenstand und sein linkes Auge würde bei normaler Muskelspannung aufgrund des Ungleichgewichtes in den Augenmuskeln genau 11,75 cm "neben" das Objekt schauen - und es würde ein Doppelbild entstehen.

Damit aber keine Doppelbilder entstehen, wird die Augenstellung vom Gehirn nachgesteuert. Diese Nachjustierung der Augenmuskeln verbraucht enorm viel Kraft und Energie, die dann an anderer Stelle fehlen.

Zu meiner Überraschung trug mein Sohn die Brille sehr regelmäßig (sogar beim Sport), weil er selber den Eindruck hatte "weicher" zu gucken. Dadurch konnten sich seine verkrampften Augenmuskeln allmählich entspannen. In den regelmäßigen Kontrollen wurde die schrittweise Lösung der Muskelverspannung messbar und mit Prismenfolien nachkorrigiert.

Nach 6 Monaten war eine stabile Abweichung in der Blicksteuerung beider Augen von 48,5 Prismendioptrien (= 48,5 cm) - bei normaler Muskelspannung - aufgedeckt. Eine Korrektion mit speziellen, prismatischen Gläsern ist in dieser Größe nicht mehr möglich.

Zum 1. Juni 05 hatten wir uns für eine Augenmuskeloperation entschieden. Tobias fühlt sich heute sehr wohl. Die "Tics" sind verschwunden, er ist viel ruhiger geworden und in der Schule hat er mit guten Noten Erfolg. Er möchte wieder Tischtennis spielen und lernt jetzt E-Gitarre.
Ende 2004 war Tobias nicht mehr in der Lage, fehlerfrei aus einem Buch abzuschreiben. Nach Ostern 2006 bekam er von seiner Schule einen Buchgutschein: Eine Anerkennung für die geringste Fehlerzahl in einem Vergleichsdiktat der Jahrgangsstufe 8, die im Rahmen der PISA-Erhebung gemacht wurde.
 
Aktueller Nachtrag: Im Juni 2008 hat Tobias die Realschule mit Qualifikation fürs Gymnasium verlassen. Es hat sich eine Ausbildungsstelle gesucht und sich für eine Lehre entschieden.

In der von mir gegründeten "Initiative Winkelfehlsichtigkeit" habe ich Eltern kennen gelernt, deren Kinder noch viel höhere Winkelfehler haben. Unsere gemeinsame Erfahrung ist, dass weder Augen- noch Kinderärzte auf dieses Phänomen aufmerksam machen. Bei einer augenärztlichen Untersuchung schaffen es die Kinder, klare Angaben zu den Testbildern zu machen und es kommt in der kurzen Zeit der Messung selten zu Überanstrengungen der Augenmuskulatur. Bei diesen Untersuchungen und den Schuleingangsuntersuchungen wird in der Regel nichts festgestellt. Vielen Kindern werden sogar "Adleraugen" bescheinigt. Stattdessen werden oft über Jahre Therapien und Methylphenidat-haltige Medikamente (z.B. RITALIN) verordnet, die in vielen Fällen ohne den gewünschten Erfolg bleiben.

Im "Download"-Bereich sind Erfahrungsberichte von Augenärzten hinterlegt, die sich auf die Korrektion und Operation von Winkelfehlsichtigkeit spezialisiert haben.

Wenn Sie noch Fragen haben oder einen Arzt und/oder einen spezialisierten Augenoptiker in Ihrer Nähe suchen, rufen Sie uns an oder schicken Sie eine eMail. Wir versuchen alle Anfragen umgehend zu beantworten.

Brigitte Effner, Köln
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